Panel 2: „Ausbildung in der Medienbranche“
Teilnehmerinnen: Ute Friedrichs (WDR Aus- und Fortbildungsredaktion), Carolin Bredendiek und Charlotte Meitler (Volontärinnen beim WDR), Aycha Riffi (Grimme-Akademie), Elisabeth Neumann (Medienbüro Rheinland), Iris Woitschell (Ruhr Nachrichten), Angelika Mikus (Institut für Journalistik / TU Dortmund)
Im zweiten Panel geht es um die konkreten Einstiegsmöglichkeiten in die Medienbranche, die Voraussetzungen, Erfahrungen und Bedingungen.
Ute Friedrichs von der WDR Aus- und Fortbildungsredaktion berichtet über ihren Arbeitsalltag, der sich in verschiedenen Phasen beschreiben lässt. Hierbei geht es vor allem um die Betreuung und Begleitung der Volontärinnen und Volontäre und die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung von Seminaren. Des Weiteren betreut sie das Auswahlverfahren für die Volontärinnen und Volontäre. Ein klassischer Arbeitstag während der Seminarzeit fängt morgens an und ist der Arbeit an einer Universität vergleichbar. Dies bedeutet aber oft eine Umstellung für Volontäre, die vorher schon aktiv gearbeitet haben. Zwischen den Seminaren gestaltet sich die Arbeit aber oftmals eher sehr formal: Es werden Anträge geschrieben und Schreibtischarbeit erledigt. Pro Jahr bewerben sich ca. 650 junge Menschen um einen Volontariatsplatz. Voraussetzungen für ein Volontariat sind ein abgeschlossenes Studium sowie Berufserfahrung im Bereich des Journalismus. Praktika und/oder freie Mitarbeit sind somit ein Muss. Nur unter diesen Voraussetzungen ist man zum dreistufigen Auswahlverfahren zugelassen. Von 600-650 Bewerber/innen werden im ersten Schritt 550 ausgewählt, am Ende bleiben 30 Personen für die „Schlussrunde“. In der Vorrunde zum Auswahlverfahren müssen eine Reportage erstellt sowie Arbeitsproben eingereicht werden. Zu den weiteren Aufgaben zählen auch Kameraübungen, Texte redigieren und Nachrichten schreiben. Weitere Informationen sind auch auf der Internetplattform ersichtlich http://www.wdr.de/unternehmen/karriere/volontariate/index.jsp.
Carolin Bredendiek und Charlotte Meitler absolvieren gerade ein Volontariat beim WDR. Bredendiek berichtet aus ihrem Alltag, dass vor allem in den begleitenden Seminaren eine sehr intensive Aus- und Fortbildungsbetreuung stattfindet, man wird auch von einer „Volo-Mutter“ oder einen „Volo-Vater“ betreut. Sie berichtet anhand ihres Lebenslaufes über den klassischen Weg in ein Volontariat: „Ich bin durch das Studium Journalistik an der TU Dortmund in das Volontariat gekommen.“ Darüber hinaus unterstreicht sie die Leidenschaft für den Beruf, die für jede Volontärin wichtig ist. So sollte man, gerade wenn man mit Menschen zusammen studiert, die alle das Gleiche möchten, sich nicht zu sehr von dem Strom der Masse mitreißen und unter Druck setzen lassen, z.B. ein Praktikum zu absolvieren zu müssen. „Man muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Spaß finden.“
Charlotte Meitler hat in Münster studiert und vor dem Volontariat schon praktische Erfahrungen gesammelt. Sie berichtet, dass durch die praktische Arbeit in den Redaktionen das zuvor in der Aus- und Fortbildung Erlernte gefestigt werde. Gerade die Berichte dieser beiden Panelteilnehmerinnen, die aus ihrem Ausbildungsalltag berichten, zeigen, dass das Zusammenspiel von Theorie und Praxis in den journalistischen Berufen enorm wichtig ist.
Das Medienbüro Rheinland vermittelt „das gesamte journalistische Handwerk“, erläutert Elisabeth Neumann. Dazu gehören Recherche und Dokumentation, aber vor allem auch Kommunikation. Für freie Redakteure bieten sie Kommunikationskurse an, auch Einzel-Coachings. „Man muss reden, egal, ob die Fragen dumm erscheinen. Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten“, so Neumann. Ihr Bericht aus dem Arbeitsalltag zeigt, dass es großen Beratungsbedarf gibt, auch oder gerade in der Medienbranche. Für die jungen Frauen im Publikum verdeutlicht sie, dass Begabung zwar wichtig sei, Leidenschaft und Wille aber für den beruflichen Erfolg entscheidend sind.
Aycha Riffi stellt die Weiterbildungsangebote der Grimme-Akademie für Medienschaffende vor. Dazu gehören Seminare, Workshops und Ausbildungen für Menschen, die schon im Job sind. Altersbeschränkungen sind hierbei aber nicht gegeben, denn auch wenn man sich spät für den Medienbereich entscheidet, muss das kein Nachteil sein. Vor allem bietet die Grimme Akademie aber auch Nachwuchsschulungen für Volontäre und Jungredakteure mit dem Schwerpunkt Fernsehen an, bei denen sie Sicherheit in der praktischen Arbeit gewinnen können.
In Anbetracht der Fülle an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die die Branche bietet, sollen sich die jungen Frauen vor allem auf ihre Rechte besinnen, rät sie: „Auch als Angestellter in einem Verlag oder einer Redaktion hat man das Recht auf Weiterbildung“. Auch Praktika sind interessant, gerade in dieser Branche. Ein gutes Praktikum kann schon seine drei Monate dauern und sollte nicht nur aus Kaffeekochen bestehen. Wichtig ist hier die Chance, in die praktische Arbeit hereinzuschnuppern und erste Erfahrungen zu sammeln. Nichtsdestotrotz sollte nach einer Aufwandsentschädigung bzw. Vergütung gefragt werden: „Scheut Euch nicht!“, so Riffi.
Der persönliche Austausch ist wichtig und wird auch in dieser Runde immer wieder verdeutlicht. So ist auch in den Weiterbildungen der Grimme-Akademie der soziale Austausch neben der Weiterbildung von großer Bedeutung: „Alle Veranstaltung, die ich mache, sind eigentlich Kontaktbörsen. Egal wie lange man schon im Job ist, in den Kaffeepausen wird sich immer ausgetauscht. Das ist enorm wichtig!“ Elisabeth Neumann weist darauf hin, dass es sehr bedeutsam für den beruflichen Werdegang ist, wenn man viele Menschen aus verschiedenen Redaktionen kennt. Seine Kontaktliste in dieser Branche zu pflegen ist wichtig. Jedoch bemerkt Neumann auch, dass der Leidensdruck junger Menschen in dieser Branche enorm gestiegen ist. Die Arbeitssituation einiger Praktikanten ist nach wie vor fatal. So muss erst recht in der Aus- und Weiterbildung darauf geachtet werden, Praktika angemessen einzuschränken. Hier gilt es dem Job „Praktikant“, der sich mehr und mehr etabliert, entgegenzuwirken. Das betrübt das Ego und ist auch nicht förderlich für die Karriere.
Iris Woitschell hat das Glück, dass sie nach ihrer langen Ausbildung nun bei den Ruhr Nachrichten „richtig“ in Lohn und Brot steht. Trotzdem zählt sie keinesfalls zu den Berufseinsteigern. Sie berichtet, dass man sich selbst vor dem Volontariat rechtzeitig bewerben sollte – sie empfiehlt eine Bewerbungsfrist von zwei Jahren einzuhalten. Sie bemerkt auch: „Es ist hart, was man alles können muss, um ein Volontariat zu bekommen. Oftmals werden nur bestimmte Studiengänge bevorzugt und Dinge vorausgesetzt, die ich doch eigentlich erst noch lernen möchte. Wenn ich jedoch vor dem potentiellen Arbeitgeber sitze, kann ich ihm zeigen, wie sehr ich das will! Ich habe das genau so gemacht, und es hat geklappt.“
Auch in der beruflichen Ausbildung gilt: Oft ist auch die freie Mitarbeit eine Alternative zum schlecht bezahlten Job. Anstatt eines Praktikums ohne Vergütung kann man besser als freier Mitarbeiter arbeiten. Auch während des Volontariats sollte man aktiv sein und seine eigenen Vorschläge einbringen.
Angelika Mikus hat in ihrer Laufbahn rund 150 Volontäre betreut. Sie berichtet von ihren Erfahrungen darüber, was die Redakteure und Volontäre wollen. Wichtig ist ihrer Meinung nach, nicht ein Praktikum nach dem anderen abzuleisten, sondern in einem Unternehmen das Medium der Wahl richtig kennenzulernen. Erst so kann der Lebenslauf bewusst gestaltet werden. Es gibt keinen Zufall: „Ihr seid nur so gut, wie Eure Ausbildung!“, so Mikus. Ihrer Meinung nach sind klassische journalistische Eigenschaften wieder gefragt. Lust zum Schnüffeln und Neugierde sollen bewahrt werden – ebenso wie die eigene Haltung. Man muss nicht alles können, aber das, was man machen will, sollte man beherrschen. So sollte man immer in sich reinhören, um sich weiterentwickeln zu können.
Elisabeth Neumann ergänzt, dass Hartnäckigkeit im Charakter und der Recherche, aber auch Sorgfalt das „A und O“ journalistischer Berufe sei. Man darf sich nicht an vorgegaukelten Realitäten orientieren, das ist wichtig, auch in den Seminaren, die sie anbieten: „Das Hinterfragen der Quellen ist immer wichtig, da gibt es überhaupt keine zwei Meinungen“, so Neumann.
Die Teilnehmerinnen diskutierten auch über das aktuelle Thema Frauenquote. Riffi meint hierzu, dass nicht mehr das Verhalten von Frauen und Männern unterschiedlich bewertet werden soll. Viel wichtiger ist hier die „geschlechtsunabhängige“ Einzelleistung. Die Volontärinnen Bredendiek und Meitler haben in ihrer jungen Berufslaufbahn wenig Hindernisse erlebt, erläutern sie.
Man sollte sich nicht des Geschlechtes wegen diskriminieren lassen. Gute Frauen wachsen nach! Jedoch kann man nichts zu Bedingungen in Spitzenpositionen sagen. Es werden eher Unterschiede im Alter gemacht.
Gerade durch die Schnelllebigkeit der Ausbildung muss man auf Individualität achten. Daher verdeutlicht Ute Friedrichs zum Abschluss: „Wir wünschen uns Menschen, die sich selber treu sind, auch wenn sie dadurch kantig sein können. Seid neugierig und offen.“
Carolin Bredendiek wünscht sich, dass ehrgeizige Frauen nicht mehr als Zicken dargestellt, sondern als konstruktiv wahrgenommen werden. Interessen sollen ausgelebt werden, sie schärfen das Profil als Expertin.
„Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Frauen kennenlerne, die schon Chefin sind und von denen ich mir etwas abgucken kann. Man soll sich von der Hektik nicht anstecken lassen, sondern auf sich selber schauen,“ so Charlotte Meitler.
Aycha Riffi ergänzt, dass es sich bei der Frauenquote nicht um individuelle Erfahrung geht, sondern um das Kollektiv: „Und das muss zusammenhalten“. Für sie ist es doppelt schiwerig; „wenn andere Frauen in der Firma sagen: Nein, ich wurde noch nie diskriminiert, deswegen ist alles gut.“
Mit einem Appell beendet Elisabeth Neumann die Diskussion: „Produzenten sollten ihre Mitarbeiter wertschätzen, und Mitarbeiter müssen genau das durchsetzen. Stellen sie sich vor, sie müssen den Beruf 20 oder 25 Jahre lang machen. Achten Sie daher auf ihre Kräfte!“
Iris Woitschell fordert das Publikum mit den Worten heraus: „Seid aktiv, das hilft.“, während Angelika Mikus das Panel mit den Worten beendet: „Ich wünsche Euch alles Gute und einen langen Atem, den werdet Ihr brauchen – und am Ende wird alles gut!“