Workshop: „Journalistische Arbeit: von der Recherche bis zum Werk“
mit Inga Mathwig, freie Journalistin beim NDR, und Merle Hömberg, Volontärin beim NDR
„Es kann voll schnell der Eindruck entstehen: Boah, ich muss jetzt jede Semesterferien irgendwas machen. Das müsst ihr nicht. Ich habe nur zwei journalistische Praktika gemacht. Es gibt nicht eine richtige Sache.“ Ein erleichtertes Raunen und Schnaufen ist zu hören, als Merle Hömberg, Volontärin beim NDR, über ihren Werdegang berichtet. Eine Stimme erhebt sich laut: „Danke!“. Dass alle Teilnehmerinnen so verschieden sind, zeigte das kleine Kennenlernspiel, das Inga Mathwig, freie Mitarbeiterin beim Norddeutschen Rundfunk und Autorin für das Fernseh-Magazin ZAPP, vorbereitet hat.
Ähnlich wie bei Britta Frielingsdorfs Beispiel aus dem Panel am Montagmorgen: All that we share – „Wer befindet sich schon im Job? Wer studiert? Wer macht Abi? Stellt euch mal auf. Links Abi, rechts Job. In die Mitte die Studentinnen.“ Auch Psychologiestudentinnen interessieren sich für Journalismus, viele Frauen im Workshop arbeiten schon als freie Journalistinnen im Hörfunk oder im Print, eine Teilnehmerin besucht gerade erst die elfte Klasse eines Gymnasiums. Aber alle haben etwas gemeinsam: Die journalistische Arbeit. Im gleichnamigen Workshop haben Inga Mathwig und Merle Hömberg erklärt, wie Themen gefunden und recherchiert werden und wie Journalistinnen auf sich aufmerksam machen können. Und da sind besonders Exoten gefragt. Inga Mathwig kann Polnisch und stach damit in der Redaktion heraus: „Ich bin für Panorama nach Polen geflogen, nur weil ich Polnisch spreche!“ Doch man muss kein Sprachgenie sein, es reicht, einfach ein kleiner Experte für ein bestimmtes Thema zu werden. Das ist auch nicht schwer. Es reicht schon, sich ein wenig intensiver einzulesen, Newsletter zu abonnieren oder mal in Foren zu stöbern. Ein weiteres, gutes Mittel ist es, bei Twitter Menschen zu folgen, mit denen man auf Facebook vielleicht nicht seit der Schulzeit befreundet ist.
Auf dieser Plattform folgte Merle Hömberg zwecks Recherche vielen Transgender-Menschen. So entwickelte sie langsam ein Verständnis dafür, wie diese, aber auch andere Gesellschaftsgruppen ticken.
Aktualität. Nähe. Gesprächswert. Relevanz.
Wenn Journalistinnen nach Themen suchen, dann müssen diese Schlagworte immer geprüft werden. Nicht jedes Thema erfüllt jede Kategorie. Der Hund mit der Rollstuhl-Konstruktion Wheelie ist vielleicht nicht sonderlich relevant, hat aber hohen Gesprächswert und schaffte es beim NDR sogar in den Jahresrückblick. Für eine Recherche für NDR Info zur Ehe für alle musste Merle Hömberg sich kurz vor der Abstimmung Gedanken zur Themenfindung machen: „Was war mein erster Schritt? Lesen. Das klingt super banal. Ist aber absolut wichtig!“ Bei tieferer Recherche findet man oftmals ein Thema im Thema: Die Frage „Wer leidet am stärksten?“, klingt vielleicht im ersten Moment reißerisch, ist es aber gar nicht zwingend. Denn, „80 Prozent aller Quellen sind Betroffene“, zitiert Inga Mathwig einen Kollegen von Buzzfeed News.
Um alles in eine Form zu bringen, geben die beiden Medienfrauen noch einen wichtigen Ratschlag: Bildet eine Hypothese. Entweder ganz analog als „Küchenzuruf“ oder als modernen, digitalen Tweet. Wie beschreibe ich mein Anliegen so kurz und knapp, aber so präzise wie möglich? Und schon ist das Thema geboren: „Mit der Ehe für alle dürfen homosexuelle Paare ihre Pflegekinder adoptieren.“ Doch ein Thema dominierte Workshop fünf ganz besonders: Wie finde ich meinen Weg in den Journalismus? Egal ob mit oder ohne Masterstudium, Volontariat bei Sendeanstalten oder Produktionsfirmen. Es gibt nicht den einen Masterplan und es ist auch gar nicht schlimm, wenn eine Journalistenschule auch einmal eine Absage schickt: „Ich war mal auf Platz 14 von 10 Plätzen für ein Volontariat. Das ist nichts Persönliches. Das ist einfach nur Pech“, sagt Merle Hömberg.
Linktipps der Referentinnen:
Dokuteam, Autorin: Bettina Freund