Panel 2: „Ausbildung in der Medienbranche – Voraussetzungen, Erfahrungen, Bedingungen“

Veröffentlicht von richert am

mfr-2013_0305Vor der Karriere in der Medienbranche steht die Ausbildung. Welche Voraussetzungen man mitbringen muss, welche Erfahrungen man machen sollte und unter welchen Bedingungen man zur erfolgreichen Medienfrau wird, das erklären die Teilnehmerinnen des zweiten Panels.

 

 

Wer in die Medien will, sollte auch nach links und rechts schauen

Klassisch führt der Weg in redaktionelle Tätigkeiten über Medien- und Kommunikationswissenschaften, erklärt Bettina Baum vom KoordinationsCentrum „Ausbildung in Medienberufen“ bei der sk stiftung jugend und medien. „Aber auch außerhalb der kreativen Berufe gibt es Profile, die eine interessante Laufbahn bereit halten und die gefragt sind“, betont die Expertin in der „Lebenslaufplanung“. Die eher technischen Berufe, z. B. die Ausbildung zum Fachinformatiker, werden von weiblichen Azubis nicht so wahr genommen. So auch bei Tontechnik und -aufnahme, was man z. B. an der Fachhochschule studieren kann.

mfr-2013_0235„Gerade in Berufen mit einem technischen und gestalterischen Profil gibt es offene Stellen – auch zeichnen sich diese durch einen geringeren Anteil an Frauen aus“, so Bettina Baum. Ebenso macht sie deutlich, dass sich die Branche permanent wandelt, gerade durch den Einfluss neuer digitaler Technologien. Auch hier gilt es links und rechts von den klassischen journalistischen Tätigkeiten zu schauen: Neue Formate müssen auch im kaufmännischen oder technischen Bereich kreativ entwickelt werden. „Gerade die neue Entwicklungen bieten vielseitige und zukunftsträchtige Berufsbilder“, so Bettina Baum. Die Moderatorin, Bella Lesnik, ergänzt aus ihrem Alltag: „Auch technische Aspekte gehören zu vielen Jobs – so muss auch ich in meinem Beruf als Moderatorin die Technik (wie etwa das Mischpult) bedienen können.“

mfr-2013_0246Auf der „klassischen“ journalistischen Seite stehen Maren Bednarczyk und Katja Vossenberg, die im Rahmen ihres Journalistikstudiums an der TU Dortmund derzeit ihr Volontariat beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) absolvieren. Ihr Weg ins beliebte WDR-Volo führte über die TU Dortmund, die geeignete Kandidaten vorschlägt, u. a. auf Grundlage ihrer Arbeit in den Lehrredaktionen. Im Assessment-Center beim WDR müssen die Kandidat(inn)en Redaktions- und Nachrichtenaufgaben, im Team und alleine lösen. Katja erklärt: „Man muss zeigen, wer ist man, was macht man und steht man zu den Dingen, die man bisher gezeigt hat“. Wer aus anderen Bereichen oder von anderen Universitäten als der TU Dortmund kommt, muss noch einige Schritte mehr absolvieren, aber auch hier muss der Weg nicht schnurstracks zum Radio oder Fernsehen führen. In ihrem Ausbildungsjahrgang haben die beiden auch Leute mit Erfahrungen im Printbereich. Wer sich im Auswahlverfahren bewiesen hat, zieht dann wie Maren, die gerade im WDR-Regionalstudio Essen ist, mit dem Aufnahmegerät oder der Kamera los, aber man lernt auch den Alltag eines Redakteurs kennen. Dass da der Tag auch schon mal um Viertel nach Vier beginnt, durfte sie dabei auch schon erfahren. Dennoch stand für sie schon früh fest, wo sie hin will: „Journalismus zählte schon immer zu meinem Interesse. Ich fand Benjamin Blümchen immer nicht so gut und eher stand ich auf Karla Kolumna.“
Insgesamt gebe der WDR seinen Volontären sehr viel Raum, sich auszuprobieren, z. B. bei einer Live-Schaltung oder einer Übertagung aus dem Ü-Wagen, schwärmt Katja. „Das Unternehmen nimmt sich wirklich Zeit, den Nachwuchs auszubilden. Uns wird viel ermöglicht, wir können uns vielseitig ausprobieren.“

mfr-2013_0271Auf 25 Jahre Berufserfahrung im und mit dem Fernsehen blickt Elisabeth Neumann zurück, die nun als Ausbilderin und Coach das „Fernsehmachen“ lehrt, angefangen von der Recherche, Moderation, über die Dramaturgie bis hin zu rechtlichen Aspekten. Ist der Weg ins Fernsehen erst einmal gefunden, geht es darum, gutes Handwerk zu lernen und sich auszuprobieren. Sie rät, die erste Beschäftigung, z. B. das Volontariat, dazu zu nutzen, in vielen Bereichen Erfahrungen zu sammeln. Stammen diese auch von einer guten Adresse, hat man es später als freier Mitarbeiter leichter, wenn es darum geht, Eigenmarketing zu betreiben.
„Das wichtigste, um an einen Job zu kommen, ist das Netzwerk, aber auch als Neuling eine Stellung zu halten und die Chance sich auszuprobieren – einfach mal was für die Tonne zu produzieren. Hierfür sollten die Arbeitgeber einem Raum geben. Die heutige Problematik besteht aber darin, dass die jungen Menschen immer mehr leisten müssen, der Druck ist viel höher als früher. Man sollte aber immer bei seinem Lebenslauf auf den eigenen Marktwert achten.“

mfr-2013_0299Andrea Ernst bereitet ihre Studierenden auf die Arbeit im Bereich Medientechnologie vor. Man kann sich dort z. B. auf Postproduktion wie Animation, Trailer etc. spezialisieren. Auch sie betont, dass die technischen Jobs ebenso kreativ sein können. Auch wenn man die IT-Kenntnisse natürlich erst erwerben muss.
Dass nicht nur Medien- oder Kommunikationswissenschaften in die Medien führen, macht auch sie deutlich. Sie lehrt an der Fachhochschule in Wien Grundlagen des Journalismus. Auch auf ganz andere Fachrichtungen kann man ein Volontariat setzen und z. B. auch als Biologin, Medizinerin oder Juristin zum Fachjournalisten werden. Die Lust am Fach sollte man dann journalistisch vermitteln. Sie verdeutlicht: „Neben dem entsprechenden Studium sind auch andere Einstiege möglich. Aber auch Fachleute, die ein Volontariat anschließen, haben ebenso große Chancen. Die erste Studienrichtung muss nicht unbedingt etwas mit Medien zu tun haben. Wichtig ist, dass man eine Linie hält. Hierbei ist das Entscheidende die Neugier und die Lust, ein bestimmtes Fach zu erlernen und dies medial bzw. journalistisch zu transportieren – das macht guten Journalismus aus.“

Die Fragen der angehenden Medienfrauen

Die Panelteilnehmerinnen ermutigen eine Germanistikabsolventin, die es nicht ins Volontariat bei 1LIVE geschafft hat. Bettina Baum schlägt vor, sich auch in Richtung PR und Kommunikationsabteilungen von Industrieunternehmen zu orientieren. Elisabeth Neumann entzaubert das „Du“ der Medienbranche, das erst einmal nichts zu bedeuten hat. Denn es ist einfach branchenüblich, aber kein Zeichen für eine Chance oder ein gutes Betriebsklima.
„Ein ‚Du‘ sagt noch nichts darüber aus, ob man einen Job kriegt oder ob man ein gutes Berufsklima hat – es hat weniger zu bedeuten als man denkt.“ Auch Bella Lesnik hat einen Ordner von Absagen zu Hause. Auch sie hat ganz Radiodeutschland mit ihren Bewerbungen abgedeckt. „Wenn man eine Absage bekommt, muss das noch lange nicht das Ende für den Berufswunsch sein.“

mfr-2013_0198Auf die Frage, ob man Journalismus studieren soll oder lieber etwas anderes oder noch ein zweites Fach, bekommt man viele unterschiedliche Antworten. Die beiden Journalistikstudentinnen von der TU Dortmund haben jeweils ein Nebenfach gewählt. Aber Maren warnt davor, dass man sich dadurch auf ein Ressort, z. B. Sport, festlegen lässt. Genauso existiere aber auch die Meinung, Journalismus sei ein Handwerk, das man nicht zu studieren braucht. „Es gibt kein Allround-Antwort für eine Jobempfehlung – es sind hier ganz persönliche Eigenschaften gefragt, die dann auch wieder den Erfolg ausmachen“, so Bettina Baum.
Auf einen Punkt bringt es Elisabeth Neumann: „Das Schlüsselwort ist Leidenschaft.“ Für sie ist es entscheidend, den Berufswunsch praktisch in Auge zu fassen. Wo liegen die Interessen in den Tätigkeiten?

Ist es wichtig einen Master zu machen oder ist es vielleicht besser, nach dem Bachelor gleich in die Medien zu gehen?
Der Bachelor ist der erste berufsqualifizierende Abschluss und sehr auf eine unmittelbare Verwertbarkeit ausgerichtet. Aus ihrer Erfahrung mit Unternehmen berichtet Bettina Baum, dass es vor allem beim konzeptionellen und journalistischen Bereich mit dem Master leichter ist. Geht es eher um technische Fertigkeiten, kann der Weg auch über den Bachelor führen. Bei der RTL-Journalistenschule haben die die besten Chancen, die einen Masterabschluss und Praxiserfahrungen aus Praktika oder freier Mitarbeit haben, weiß Elisabeth Neumann zu berichten. Bereits während des Studiums zu publizieren, hält auch Andrea Ernst für sehr wichtig. Am wichtigsten sei aber die Neugier auf die Welt und seine Themen. „Die Primärqualifikation ist Neugier. Ich muss neugierig sein, wie die Welt funktioniert, neugierig auf Menschen sein und interessiert daran, wie die Welt sich entwickelt. Die Freude und das Mühsal sollten unbedingt eng beieinander liegen“, so Elisabeth Neumann.
Wenn man schon Erfahrungen hat, sagt sie, weiß man, ob das wirklich der Bereich und die Aufgabe ist, an der man Freude hat.

Tipps für die Medienfrauen der Zukunft

mfr-2013_0295Zum Abschluss geben die Medienfrauen Tipps. Für Maren sind Reden und Zuhören sind die wichtigsten Eigenschaften, die man mitbringen sollte. Weiß man, dass man in diese Richtung will, soll man durch Praktika in verschiedene Redaktionen schnuppern und immer am Ball bleiben.
Maren: „Man sollte neugierig und offen sein. Überraschungen kommen auf einen zu, hierfür sollte man offen sein und am Ball bleiben.“ Auch mit professioneller Kritik muss man nicht nur umgehen können, sondern auch von ihr lernen können, rät Katja.

Elisabeth Neumann appelliert noch einmal an die Leidenschaft und Freude der jungen Journalistinnen. „Die Kompetenzen prägen sich von alleine aus, aber Leidenschaft und Freude sind entscheidend.“
Man hat ein ganzes Berufsleben vor sich, die Zeit ist zu lang, um nicht mit Freude bei der Sache zu sein. Man sollte sich fragen: Reicht diese Leidenschaft aus, um mich z. B. auch für Überstunden zu motivieren? Genauso sieht es Andrea Ernst. Aber sie warnt auch davor, die erste Berufsentscheidung für zu „entscheidend“ zu halten. Man wird im Laufe seiner Berufstätigkeit etwa fünf unterschiedliche Berufe haben, die sich zwar ähneln, aber unterschiedliche Seiten, Anstellungsformen oder Themen haben können.

„Lesen, sich orientieren, immer fragen, immer (neu) ausprobieren, hineinschnuppern. Man muss wissen, ob die Branche und das Arbeitsumfeld zu einem passt. Hierfür ist die Orientierung sehr wichtig“, so Bettina Baum. Sie gibt den angehenden Medienfrauen auf den Weg, dass man nicht nur nach den journalistischen Berufen schauen sollte. Man sollte sich erst einmal in der unglaublich weiten Medienbranche orientieren und sich über Praktika auszuprobieren, um in unterschiedliche Branchen und Tätigkeitsbereiche hineinzuschnuppern. Über verschiedene Berufsprofile informieren  kann man sich z. B. bei medienkarriere.nrw.de, einer Plattform, die über Ausbildungs- und Studiengänge in der Medienwelt Nordrhein-Westfalens informiert.

Die Moderatorin und bereits erfolgreiche Medienfrau Bella Lesnik schließt das Panel mit den Worten: „Macht was aus eurer Zukunft – vielleicht ja auch was mit Medien.“

 

Cathrin Bengesser & Nicole Riechert

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